Mein Einsatz in Polen

Als Militärseelsorger bin ich automatisch im Kirchenvorstand von St. Markus, weil dies die Evangelische Garnisonkirche in Ingolstadt ist. Und ich bemühe mich, regelmäßig an dessen Sitzungen teilzunehmen. Doch im ersten Quartal diesen Jahres war mir dies durchgängig leider nicht möglich, weil ich von Mitte Februar bis Anfang Juni in meiner insgesamt zweiten Auslandsmission war.

Im vergangenen Jahr war ich im südafrikanischen Mali eingesetzt. Dieses Mal habe ich die knapp 300 deutschen Soldatinnen und Soldaten betreut, die dort an der Ostflanke der NATO, nur gut 30 km von der ukrainischen Grenze entfernt, mit Flugabwehrraketen den dortigen und damit letztlich auch unseren Luftraum beobachtet und gesichert haben. Im November letzten Jahres war dort in der Gegend eine fehlgeleitete Abwehrrakete eingeschlagen und hatte mehrere polnische Zivilisten getötet. Dass sich dies nicht wiederholen würde und auch dass kein gezielter Angriff auf das Territorium unseres Nachbarn und Bündnispartners geschieht, waren die Soldatinnen und Soldaten dorthin geschickt worden. Auch wenn die Abwehrraketen, Gott sei Dank, nicht zum Einsatz kamen, so gab es doch das ein oder andere Mal erhöhte Bereitschaft, weil - noch weit entfernt - etwas in unsere Richtung flog.

Da dies das allererste Deutsche Kontingent vor Ort war, musste dort zunächst einmal die nötige Infrastruktur aufgebaut und etabliert werden. Das galt ganz konkret für die Unterbringung, aber auch für die Radargeräte und Abschussgeräte, die Instandsetzungs- und Unterstützungseinrichtungen und eben auch für mich als Militärseelsorger. Ich habe verschiedene Gottesdiensträume ausprobiert, den Bürocontainer inklusive der Gesprächsecke eingerichtet und ganz Unterschiedliches angeboten und veranstaltet, um das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen. Das Bild zeigt mich, wie ich das Karfreitagskreuz, das für mich gezimmert worden war, durch die Kaserne in unser Kirchenzelt überführe. Es soll für meine vielen Gottesdienstangebote stehen, da ich es im Anschluss in jedem Gottesdienst nutzte. Neben regelmäßigen Gottesdiensten habe ich aber auch Führungen durch die Kirchen vor Ort, durch die ehemalige Synagoge und den Untergrund der schönen Renaissance-Stadt Zamość, wo wir stationiert waren, angeboten. Und ich habe zu Gesprächskreisen, Spieleabenden, zu Kirchenkino und Ostereierfärben eingeladen. Meine Tür stand immer offen, und wer eine Tasse Kaffee und/oder ein Gesprächspartner suchte, wusste, er oder sie waren bei mir an der richtigen Adresse. Und ein eindrücklicher Höhepunkt der Zeit in Polen waren für viele auch die von mir angebotenen Tagesausflüge zum Konzentrationslager Auschwitz. Obwohl diese jeweils mit gut 5 h Busfahrt einfach verbunden waren, war das Interesse erfreulich groß, sich vor Ort mit diesem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen. Viele Soldatinnen und Soldaten waren zwar schon zuvor im Rahmen von Schulunterricht und/oder Politischer Bildung bereits auch in anderen Konzentrationslagern wie Dachau oder Bergen-Belsen gewesen, doch der Besuch des Lagers, der zum Synonym des Holokaust geworden ist, war schon noch einmal besonders bewegend.

Meine Zeit in Polen war für mich eine sehr erfüllte und erfüllende Zeit. Ich bin sehr dankbar, dass ich vielen der mir Anvertrauten beistehen konnte. Denn wenn man mal sechs Monate weit weg von zuhause weg ist, herausgerissen aus allen Alltagsbezügen, kommen sehr grundsätzliche und grundlegende Fragen auf. Da tat vielen ein Gespräch mit mir gut. Die Trennung von den Lieben daheim und Unsicherheit über die Zukunft waren da ebenso Thema wie auch das Wissen, dass das blinkende Leuchten auf dem Radar auf ukrainischem Gebiet dieses Mal keine Übung war, sondern reelle Flugkörper abbildeten, die Tod und Verderben brachten.

Nun betreut die dort eingesetzten Soldatinnen und Soldaten ein katholischer Kollege, der schon bald von einer evangelischen Kollegin abgelöst werden wird. Bis auch dieser Einsatz - wie der in Mali - eingestellt werden wird. Und ich darf vorerst wieder meine Soldatinnen und Soldaten hier in Ingolstadt, Manching, Freising, Erding und Münchsmünster betreuen - und mich auch wieder in der Gemeinde in St. Markus sehen lassen. Gerne erzähle ich Ihnen mehr, sprechen Sie mich einfach an…

Zuletzt geändert am 27.09.2023 21:52 Uhr